Im Alter gehört es einfach dazu, dass man
gewisse Körperpartien nur noch mit technischen Hilfsmitteln zu Gesicht bekommt.
Das ist insofern wichtig, weil eine regelmässige visuelle Überprüfung delikater
Regionen von gesundheitlichem Weltinteresse ist! Man denke nur an die
planetenweite Verbreitung von Epidemien und Käfern unappetitlicher Herkunft.
Mussten früher sperrige Spiegelreflexkameras
zur Hilfe genommen werden, bieten sich heute sogenannte Smart-Phones an. Ein
zugegeben seltsamer Name, denn er beschreibt nicht die Eigenschaften des
Geräts, sondern definiert den Anspruch an die Intelligenz des Benutzers.
Im Gegensatz von Spiegelreflexkameras älteren
Datums, wo das Ergebnis der Yoga-Übung «nackter Krieger» erst nach tagelangem
Warten auf die Post aus dem Entwicklungslabor vorlag, liegt in der
technikverrückten Gegenwart das Bild verborgener Körperteile sofort auf dem
Bildschirm bereit.
Einmal Fingerspreizen genügt, und Mann ist von
den Dimensionen angewachsener Haut- und Fleischfetzen tief beeindruckt. Dass
dies ausschliesslich der gesundheitlichen Vorbeugung dient, sei an dieser
Stelle noch einmal deutlich gesagt!
Nicht dass wir in den 60er Jahren geborene
Babyboomer Hypochonder wären, aber es kann durchaus vorkommen, dass urplötzlich
und unter Einfluss einer leichten Panikattacke Bedenken am eigenen
Gesundheitszustand aufkommen. Dies wiederum führt bei einer so pflichtbewussten
Generation, wie wir in den 60er geborenen halt sind, zu einem Aktionismus, der
nach sofortiger Lösung des Problems schreit. Juckt und zwickt es an heikler
Stelle, ist der Gurt der Hose hurtig geöffnet und das Smart-Phone für den
Schnappschuss allzeit bereit. Selbst am Arbeitsplatz duldet die Überprüfung der
juckenden Stelle an heikler Lage keinen Aufschub. Dies kann, – das sei hier in
aller Deutlichkeit gesagt –, peinliche Folgen haben.
Mann sollte davon absehen, Bilder mit
medizinischen Objekten über Kanäle mit seltsamen Namen an junge, weibliche
Laien zu senden, denn die könnten den medizinischen Hintergrund der Anfrage
missverstehen.
Trotz aller bereitliegenden Fettnäpfchen ist
das Thema ernst zu nehmen! Darum sind auch wir älteren Piloten nicht vor dem
erstellen von «Nackt-Selfies» befreit. Millionen Leser und wenige Leserinnen
fragen sich jetzt sicherlich, wie das am Arbeitsplatz des Piloten vor sich
gehen soll. Das ist in Tat und Wahrheit gar nicht so einfach. Ein Platz um
delikate Bilder zu erstellen wäre zum Beispiel die Bordtoilette. Doch leider
ist diese so eng, dass man nicht gleichzeitig die Hosen runder lassen und das Smart-Phone
bedienen kann. Auch das Cockpit bietet sich als Photostudio kaum an. Spreizt
ein Kapitän die Beine nur leicht, schaltet er mit dem linken Knie den
Autopiloten aus und das rechte befiehlt «volle Kraft voraus». Auch die
Bordküche fällt aus dem Rennen. Die jungen Kolleginnen zeigen kaum Verständnis
für die Gebrechen von graumelierten Piloten, obwohl nicht wenige von uns reifen
Männern dies allen Ernstes glauben.
Wenn die Verzweiflung am Grössten ist, ist der
Staat schnell zur Stelle. Glücklicherweise arbeite ich in der Aviatik und
glücklicherweise schaut Väterchen Staat viel zu gut zu mir. Ich gelte je nach
Leseart, als gesundheitlich oder kriminelles Risiko und darum haben sich die
Regulatoren entschlossen, mein altersbedingtes Problem mit hohem technischen
und finanziellem Aufwand zu lösen:
Ich darf täglich durch einen Nackt-Scanner...